Herr Schmidt
sucht das
Glück.
Wenn die deutsche Late-Night Ikone Harald Schmidt durch Oberösterreich reist, dann ist klar: Er wandelt auf den Spuren von Thomas Bernhard. Schmidt hat sich dem legendären Schriftsteller kulinarisch angenähert, von Wirtshaus zu Wirtshaus. Nachzulesen im Buch "In der Frittatensuppe feiert die Provinz ihre Triumphe". Wir haben mit dem Entertainer über Wurstsalat, den gepflegten Herrenwitz und die oberösterreichische Wirtshauskultur geplaudert.
Viele. Ich signiere ja alles. Auch Kleinkinder wenn man sie mir entgegenhält. Ich bin da gar nicht wählerisch. Mich interessiert ja, was mir die Leute erzählen und ich bin da sofort mit den Menschen ins Gespräch gekommen. Die meisten haben von Thomas Bernhard geredet wie von einem großen Fußballstar: Sie haben mir erzählt, dass sie ihn wirklich gekannt haben, was er im Wirtshaus bestellt hat und dass er meistens still in der Ecke saß und die Leute beobachtete.
Ausgesprochen gut. Ich war zum ersten Mal da und hatte auch keine konkrete Vorstellung wo Oberösterreich ist. Bei so einer Recherche lernt man ja auch viel. Ich wusste vorher gar nicht, dass das Salzkammergut zu großen Teilen in Oberösterreich liegt. Die Landschaft hat mich begeistert und die Küche sowieso. Außerdem seid ihr ein sehr zuvorkommender und offener Menschenschlag. So habe ich das zumindest empfunden.
Klar, da gehöre ich ja auch mit dazu. Ich bin begeisterter Bahnfahrer und ihr Österreicher macht das richtig gut. Bei meinem Oberösterreich-Roadtrip bin ich mit dem Zug bis nach Lambach gefahren. Und dort dann mit meinem Koffer an einem heißen Sonntag über den Hauptplatz gerollert. Ich habe natürlich die irritierten Blicke der Leute gesehen, die sich gefragt haben: Was macht der Irre da mit einem Rollkoffer mittags in Lambach?
Sehr gut. Die Menschen haben ja nicht den breitesten Dialekt mir gegenüber gesprochen, sondern eher so Hochdeutsch mit Akzent. Das höre ich ja wahnsinnig gerne. Als Süddeutscher bin ich da sprachlich auch nicht so weit entfernt. Oberösterreichisch kann ich nicht wirklich. Mindestens zwei Wirte haben sich aufgeregt, dass die Deutschen das Wort "Frittatensuppe" falsch aussprechen. Die sagten dann Sätze wie: "Waun i des scho her: F-R-I-T-T-A-T-E-N-S-U-P-P-E.…"
Ja, finde ich schon. Man merkt, dass das Wirtshaus zum Lebensstil der Leute gehört. Die Gasthäuser in denen wir waren sind schon in mehreren Generationen in einer Familie und das ist sofort spürbar. Da gibt's Stammgäste mit Stammplätzen. Und die Wirtsstuben versuchen sich auch nicht krampfhaft dem Zeitgeschmack anzupassen. Die Leute sind echt und nicht angezogen wie im Musikantenstadl. Die sind, wie sie sind. Und die müssen auch so sein, das wollen die Gäste ja auch: Ein Wirtshaus, das aussieht wie in der Zeit, als man noch rauchen durfte.
Dass er die Qualität des perfekt gemachten Einfachen zu schätzen wusste. Das ist bei mir auch so. Ich brauche keine Tomaten im Dialog. Mich macht Wurstsalat mit Bauernbrot glücklich.
...Thomas Bernhard (1931 - 1989) einer der bedeutendsten österreichischen Schriftsteller der Nachkriegszeit ist? Sein Werk ist neben dem virtuosen Sprachgebrauch von einem stets grantelnden, oft misanthropen Blick auf die Welt und Österreich im Besonderen gekennzeichnet. Markant ist die häufige Charakterisierung von Personen und deren kulinarische Vorlieben.
...Thomas Bernhard 1965 einen Vierkanthof in Obernathal in der Gemeinde Ohlsdorf kaufte? Später folgten Häuser in Altmünster und Ottnang. Damit wurde das oberösterreichische Salzammergut zu einem seiner Lebensmittelpunkte.
...Oberösterreich im Werk Thomas Bernhards immer wieder zum Schauplatz wird? Etwa Wolfsegg am Hausruck im Roman „Auslöschung. Ein Zerfall“. Ein Roman heißt nach dem gleichnamigen Ort „Ungenach“.
Nein, das sehe ich nicht so. Ich bin ja eine wandelnde Bastion des Herrenwitzes. Aber natürlich immer mit einer Trigger Warnung: "Achtung, folgender Witz könnte Ihre Gefühle verletzen!". Und wenn dann jemand sagt: "Nein. Den will ich aber nicht hören", dann ist das auch für mich OK und ich denke mir: "Schade. Da ist dir was entgangen..." Es müssen ja Leute sein, die ins Wirtshaus reinpassen. Wenn da jemand kommt und mit der Serviette das Messer nachpoliert, dann weiß ich schon: Das wird nichts. Das sind auch so Menschen, die im Speisewagen in der Bahn fragen, ob die Sauce fettig ist. Speisewagen schmeckt wie Speisewagen. Da ärgere ich mich, wenn ich etwas frisch Gekochtes bekomme.
Ja das stimmt, ich habe ja teilweise dreimal zu Mittag gegessen, wegen der Fotos fürs Buch. Also dieser Wurstsalat beim Kirchenwirt in Ohlsdorf. Hervorragend. Oder der Tafelspitz im Hotel Schwan in Gmunden war ein echter Genuss und völlig neu für mich. Rindfleisch in der Brühe! Grandios! Im Gasthof Klinger hab ich von der Frittatensuppe freiwillig drei Portionen gegessen. Ein Kilo habe ich zugenommen, aber ich habe da Glück mit den Genen...
Bei mir ist es so: Ich kombiniere das. Ich esse beim Sex.
Alles was mit Sprache zusammenhängt. Etwa wenn ein Ehepaar im Zug streitet und sich dabei flüsternd anschreit. Herrlich! Oder auch wenn Menschen so Verblödungswörter wie "Tschüssikovski" säuseln. Oder Neologismen wie "tipitopi. Oh das Essen war aber tipitopi." So etwas genieße ich sehr. Egal ob im Wirtshaus, im Zug oder am Flughafen. Wenn mir beim Spazierengehen Frauengruppen in meinem Alter entgegenkommen, höre ich schon am Tonfall und an den Wortfetzen, ob die gerade auf die Scheidung zusteuern. "Diesmal wird das Arschloch richtig bluten..."Da weiß ich schon: Ahhhhh - da kann sich die Scheidungsanwältin schon ein größeres Auto bestellen…
Das Reiseziel ist natürlich interessant, aber am meisten interessiert mich die Reise als solche. Wenn ich dann mal am Urlaubsort bin, dann zelebriere ich den Müßiggang. Ich brauche da auch keinen Sport oder große Action. Lange Wanderungen gerne, nur wenn mich ein Wanderführer zu einer Berghütte leitet, wo der Wirt ein ausgeflippter Hund ist.
Weder noch. Bis ich in so einem Tauchanzug drinnen bin, habe ich auch schon keine Lust mehr. Segeln finde ich toll, aber ich lasse segeln. Wie Onassis. Ich mag die Kombination von Wasser und Bergen aber sehr gerne. Ihr habt ja in Oberösterreich diese wunderbaren Seen – auch der Attersee - da kommen die Schauspieler alle gerne. Traumhaft! Ich kann mir gut vorstellen beim nächsten Urlaub noch mal nach ein paar Tagen an einem See im Salzkammergut mit der Bahn zu fahren und dann weiter nach Frankreich. Das steht auf meiner Liste.
Fantastische Landschaft, hervorragende Gastronomie und tolle Hotels. Ein sehr sympathischer Menschenschlag. Und: Ich finde Oberösterreich nicht so touristisch überlaufen wie vielleicht Wien oder Salzburg. Ich bin jetzt beruflich öfter in (Ober)-Österreich und für mich ist das in Wahrheit Urlaub mit ein bisschen Bühne am Abend. Toll!
Hauben- oder Wirtshauküche?
Wirtshausküche
Bier oder Most?
Bier
Du oder Sie?
Sie. Ich duze, werde aber gesiezt im Sinne von "Sir, oder „Euer Gnaden".
Gardasee oder Traunsee?
TrauMsee – für das Wortspiel komme ich gleich noch eine Woche länger her!
Gmunden oder Genua?
Gmunden
Apfelstrudel oder Brandteigkrapferl?
Apfelstrudel, weil die Brandteigkrapferl zu sehr den Thomas Bernhard Kenner raushängen lassen.
Schweinsbraten oder Leberschädel?
Leberschädel, weil ich das nicht so oft kriegen kann.
Glutenfrei oder vegan?
(lacht) Da nehme ich doch lieber ein Weizenbier bitte.
Harald oder Franz?
Ich heiße ja im zweiten Vornamen Franz. Ich nenne mich ja teilweise "Francois", wenn ich mir einen Kaffee in Frankreich bestelle und da dann mein Name aufgerufen wird. Harald können die Franzosen einfach nicht aussprechen. Aber bis die mich dann aufrufen habe ich vergessen, dass ich mich "Francois" genannt hatte und dann gibt's wieder keinen Kaffee. Vielleicht sollte ich mich generell Franz nennen – das könnte mich näher an das Volk bringen. Andre Heller macht das ja auch. Da reden alle vom "Heller Franzi".